Patient durfte seinen Hausarzt als Erben einsetzen
Der Fall:
Ein mittlerweile verstorbener Mann hatte seinem Hausarzt im Gegenzug für ärztliche Leistungen (ausgemacht waren etwa regelmäßige Hausbesuche und ständige telefonische Erreichbarkeit) nach seinem Tod ein Grundstück überlassen. Dafür schlossen der Mann, der Arzt und die Tochter des Mannes sowie deren Tochter vor einem Notar eine als „Betreuungs-, Versorgungs- und Erbvertrag“ bezeichnete Vereinbarung.
2 Jahre später starb der Patient. Als der Hausarzt anschließend insolvent ging, wollte der Insolvenzverwalter das versprochene Grundstück in die Insolvenzmasse übertragen lassen. Er verklagte die Tochter des Verstorbenen, die den Nachlass ihres Vaters zwischenzeitlich in Besitz genommen hatte.
Das OLG Hamm hatte die Zuwendung des Verstorbenen an den Arzt als Vermächtnis ausgelegt. Dieses sei allerdings unwirksam. Der Grund: In der Berufsordnung der zuständigen Ärztekammer Westfalen-Lippe steht, dass Ärzte keine Geschenke oder andere Vorteile fordern oder annehmen dürfen, wenn dadurch der Eindruck entsteht, dass ihre ärztliche Unabhängigkeit beeinträchtigt wird. Da der Arzt gegen dieses Verbot verstoßen habe, sei die Zuwendung nach §§ 134, 2171 Abs. 1 BGB unwirksam.
Die Entscheidung:
Der BGH war anderer Rechtsauffassung. Danach liege keine Unwirksamkeit des Vermächtnisses nach §§ 134, 2171 BGB vor. Die Vorschrift im Berufsrecht der Ärzte verbiete nur ein Verhalten des Arztes, sie schütze aber gerade nicht den Patienten oder die Erwartung seiner Angehörigen, diesen zu beerben. Entsprechend habe der Patient seinen Arzt als Erben einsetzen dürfen.
Die Verbotsvorschrift im Ärzterecht regele nur das Verhältnis zwischen dem Arzt und der für ihn zuständigen Landesärztekammer. Die Vorschrift ziele darauf ab, die Unabhängigkeit des behandelnden Arztes sowie das Ansehen und die Integrität der Ärzteschaft abzusichern. Dieses Ziel könne nur durch berufsrechtliche Sanktionen der Ärztekammer ausreichend sichergestellt werden. Ob das Vermächtnis im vorliegenden Fall tatsächlich die Vorschrift verletze, ließ der Senat offen, denn darauf komme es gar nicht mehr an.
Außerdem würde durch eine Unwirksamkeit des Vermächtnisses die in Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG geschützte Testierfähigkeit des Patienten eingeschränkt. Danach darf grundsätzlich jeder über den Tod hinaus nach seinen Vorstellungen über sein Vermögen verfügen. Für eine Beschränkung dieser Freiheit fehle es an einer gesetzlichen Grundlage. Eine Solche muss nach Auffassung des BGH vom Gesetzgeber, nicht aber von einem anderen Normgeber, wie hier dem Berufsverband, erlassen werden.
Nach Ansicht des BGH ist der Eingriff in die Testierfreiheit darüber hinaus unverhältnismäßig, weil das Interesse des Patienten, frei von Druck des ihn behandelnden Arztes über seinen Nachlass verfügen zu können, ihn nicht rechtfertigen könne. Auch davor werde der Patient durch die Vorschrift der Berufsordnung nämlich nicht geschützt.