Ein ehevertraglicher Ausschluss des Zugewinnausgleichs für den Fall der Scheidung schließt auch einen Anspruch auf vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft aus.

Der Fall:

Die getrennt lebenden Eheleute hatten einen Ehevertrag abgeschlossen und nachfolgende Regelung zum Zugewinn vereinbart: „Wir schließen hiermit den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft für den Fall aus, dass unsere Ehe geschieden werden sollte und vereinbaren für diesen Fall den Güterstand der Gütertrennung (.…). Sollte unsere Ehe geschieden werden, so soll wechselseitig im Zusammenhang mit Vermögen kein Anspruch bestehen, auch wenn sich unsere Vermögen in der Ehe unterschiedlich entwickelt haben (…)“. Das Scheidungsverfahren ist rechtshängig. Im Scheidungsverbund wird ein Zugewinnausgleichsanspruch geltend gemacht.

Darüber hinaus beantragt die Ehefrau, den Güterstand der Zugewinngemeinschaft vorzeitig zu beenden. Sie meint, dass es sich bei obiger Vereinbarung um eine unzulässige auflösend bedingte Gütertrennung handele. Darüber hinaus sei der vorzeitigen Zugewinn nicht geregelt worden; auf das Gestaltungsrecht des §§ 1686 BGB könne generell nicht verzichtet werden.

Der Ehemann vertritt die Rechtsauffassung, dass es sich bei der im Ehevertrag getroffenen güterrechtlichen Vereinbarung um eine zulässige modifizierte Zugewinngemeinschaft handelt. Von dem wirksam vereinbarten Ausschluss des Zugewinnausgleichs für den Fall der Scheidung sei auch der vorzeitige Zugewinnausgleich umfasst.

Das Amtsgericht hat den Antrag der Ehefrau zurückgewiesen und ist der Argumentation des Ehemannes vollumfänglich gefolgt. Gegen diese Entscheidung hat die Ehefrau beim OLG Beschwerde eingelegt.

Die Entscheidung:

Der Senat hat sich der Auffassung des Amtsgerichtes angeschlossen, dass der notariell beurkundete Ausschluss des Zugewinnausgleichs für den Fall der Ehescheidung in dem zwischen den Beteiligten geschlossene Ehe- und Verzichtsvertrag den Ausschluss des vorzeitigen Zugewinnausgleichs gemäß § 1385 BGB mit umfasst, auch wenn dieser nicht ausdrücklich im Vertrag genannt wird.

Verträge sind gemäß § 157 BGB so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist die beiderseitige Interessenlage zu berücksichtigen. Bei Auslegung der dem Vertrag zugrunde liegenden Willenserklärung ist gemäß § 133 BGB der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften.

Nach dieser Maßgabe ist die notarielle Vereinbarung dahingehend auszulegen, dass der Ausschluss des Zugewinnausgleichs im Fall der Scheidung den vorzeitigen Zugewinnausgleich einschließt. Soweit die Ehefrau in diesem Zusammenhang darauf hinweist, dass auch der Ehemann den Zugewinnausgleich ausdrücklich nur für den „Fall der Scheidung“ ausschließen wollte, ist festzuhalten, dass der Begriff „Fall“ hier nicht auf einen Zeitpunkt hinweist, sondern auf eine Fallkonstellation, nämlich die – erfolgreiche – Durchführung des Scheidungsverfahrens.

Zwar hätten die Eheleute keine ausdrückliche Regelung über den vorzeitigen Zugewinnausgleich getroffen. Doch unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen kann Sinn und Zweck des ausdrücklich vereinbarten Ausschlusses des Zugewinnausgleichs für den Fall der Scheidung nur gewesen sein, dass beide Beteiligten auf jeglichen Ausgleich des Zugewinns für diesen Fall verzichten wollen. Es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, welches Interesse die Eheleute daran gehabt haben sollten, einen Zugewinnausgleichs zu einem früheren Zeitpunkt als der Rechtskraft der Scheidung zulassen zu wollen. Dass die Beteiligten über die Frage des vorzeitigen Zugewinnausgleichs möglicherweise bei Vertragsschluss nicht nachgedacht haben, schließt nicht aus, die getroffene Regelung unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen insoweit im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung betrachten. Der Senat sieht keinen Grund dafür, dass die Eheleute den vorzeitigen Zugewinnausgleich hätten zulassen wollen, wenn sie bei Abschluss des Ehevertrages über diese Frage nachgedacht hätten.

Auch das Argument der Ehefrau in ihrer Beschwerdebegründung, vorläufig gehe es ihr ausschließlich um die Möglichkeit der vorzeitigen Aufhebung der Zugewinngemeinschaft, überzeugte den Senat nicht. Es war von ihr weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, welches schützenswertes Interesse sie daran gehabt haben könnte, die Zugewinngemeinschaft vor Rechtskraft der Scheidung aufzuheben (…).

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