Rechtsanwalt Geldern

DSGVO - Schadensersatzanspruch wegen heimlicher Mitarbeiterüberwachung

Das BAG hat entschieden, dass ein Arbeitgeber bei der Beauftragung einer Überwachung eines Arbeitnehmers durch eine Detektei und der anschließenden Dokumentierung des Gesundheitszustandes Gesundheitsdaten verarbeitet hat. Es setzt damit deutliche Grenzen der Arbeitnehmerüberwachung.

 

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.07.2024 zum Az. 8 AZR 225/23

Der Fall:

 

Der Arbeitnehmer war seit 2009 in verschiedenen Positionen im Vertrieb eines Unternehmens bzw. dessen Rechtsvorgängers beschäftigt. Dieses bietet Beratung- und Dienstleistungen im Bereich des Digitaldrucks und des digitalen Dokument-Managements an. Im vorliegenden Verfahren stritten die Parteien über die Wirksamkeit der außerordentlichen, fristlosen Kündigung des Arbeitnehmers sowie über einen Entschädigungsanspruch wegen seiner Überwachung durch eine Detektei.

 

Der Kündigung des Vertriebler waren bereits zuvor diverse unwirksame Kündigungen vorausgegangen, die das Arbeitsverhältnis nicht beendeten. Eine Änderungskündigung, die der Arbeitgeber aussprach, nahm der Arbeitnehmer 2021 an. Anfang 2022 kam es erneut zu Unstimmigkeiten. Der Arbeitnehmer behauptete, mit minderwertigen, nicht dem Änderungsangebot aus der Änderungskündigung entsprechenden Aufgaben und Zuständigkeiten beschäftigt zu werden.

Am 4. Februar 2022 meldete er sich wegen einer Verletzung krank, da er auf der Treppe gestolpert sei. Mit einer Folgebescheinigung war er rund einen Monat arbeitsunfähig krankgeschrieben. Der Arbeitgeber ließ den Arbeitnehmer in der Zeit vom 25. Februar 2022 bis zum 4. März 2022 durch eine Detektei überwachen. Dokumentiert wurde sein Verhalten im öffentlichen Raum und auf seinem Grundstück. Insbesondere wurde auch seine Hausarztpraxis aufgesucht die Detektei notierte dabei auch Wahrnehmungen hinsichtlich seines Gesundheitszustandes, beispielsweise dass er sein Bein nach zog und, dass von ihm sperrige und schwere Gegenstände ohne große Mühe hochgehoben wurden. Insgesamt war der Arbeitgeber nach dem Bericht der Detektei jedoch davon überzeugt, dass die Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht war und kündigte dem Arbeitnehmer. Der Arbeitnehmer wertete die Beobachtung durch die Detektei als Eingriff in seine Privatsphäre und forderte deshalb den Ersatz eines immateriellen Schadens i. H. v. 25.000 € gemäß § 82 Abs. 1 DSGVO.

Die Arbeitgeberin rechtfertigt die Maßnahme mit einem berechtigten Interesse, der objektive Anhaltspunkte den Verdacht auf eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit stützten. Sie argumentiert, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zweifelhaft sei, da sich der Arbeitnehmer zur fraglichen Zeit eigentlich in einer anderen Stadt hätte aufhalten müssen. Andere Überprüfungsmöglichkeiten, wie etwa die Einschaltung des medizinischen Dienstes der gesetzlichen Krankenkassen, seien aufgrund der privaten Krankenversicherung des Arbeitnehmers nicht möglich gewesen. Zudem deute bereits früheres Verhalten auf eine Täuschung hin, was auch der Detektivbericht bestätige.

 

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat eine Entschädigung i. H. v. 1500 € gewährt.

 

Die Entscheidung:

 

Das BAG bestätigte das Urteil der Vorinstanz. Zu Recht habe das LAG Düsseldorf dem Arbeitnehmer einen immateriellen Schadensersatz gemäß § 42 DSGVO zugesprochen. Auch an der Höhe von 1500 € hat es nichts auszusetzen. In der Begründung stellte das BAG fest, dass ein Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung vorlag. Bei der Dokumentation des sichtbaren Gesundheitszustandes des Arbeitnehmers, insbesondere seines Gangs, habe es sich zum Teil um Gesundheitsdaten im Sinne von Art. 9 Abs. 1 i. V. m. Art. 4 Nr. 15 DSGVO gehandelt. Der Arbeitgeber habe als Verantwortlicher im Rahmen der Observation ohne Einwilligung des Arbeitnehmers dessen Gesundheitsdaten verarbeitet. Dies war nach Meinung des obersten Arbeitsgerichts jedoch im konkreten Fall nicht erforderlich. Der Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei nicht durch begründete Zweifel erschüttert.

 

Durch die rechtswidrige Observation habe der Arbeitnehmer auch einen immateriellen Schaden erlitten. Bei einer mehrtägigen Überwachung, die eine heimliche Beobachtung und Einschätzung der körperlichen Leistungsfähigkeit des Mitarbeiters umfasste und ihn auch im Außenbereich seines Wohnhauses betraf, hielt das BAG den Vortrag zum Schaden für substantiiert in einer solchen Konstellation sei der Verlust von Kontrolle und die daraus folgende Befürchtung weiterer Überwachung selbsterklärend und bedürften keiner weiteren näheren Darlegung.

 

Der Betrag von insgesamt 1500 € sei auch im Ergebnis angemessen.

 

Veröffentlicht von Rechtsanwalt Markus Sabbagh im November 2024